„Ich möchte, dass du mich verstehst,“ ist nicht nur der Titel meines Kommunikationsseminars, sondern auch der tiefe Wunsch der 16 Teilnehmer:innen im Raum. Gerade habe ich die vier Schritte der Gewaltfreien Kommunikation erläutert. Da meldet sich eine Teamleiterin zu Wort: „Ich habe einen Mitarbeiter,“ erzählt sie, „der sagt immer ‚Ja‘, wenn ich ihn um etwas bitte. Und ‚Du hast recht‘, wenn ich ihm kritisches Feedback gebe. Aber geändert hat sich noch nie etwas. Es ist, als ob meine Worte einfach durch ihn hindurchrauschen.“
Im Raum entsteht ein wissendes Murmeln. Fast jede:r hier kennt solche Momente: Die 14jährige Tochter, die zustimmend nickt – aber ihren Lebensstil kein bisschen ändert. Der Kollege, der „Klingt gut!“ sagt – und dann weiterarbeitet wie zuvor.
Was passiert da eigentlich? Und was bedeutet das für Führungskräfte, die echte Resonanz und Veränderung erreichen wollen? Was heißt das für unseren Wunsch, andere für unser Anliegen zu gewinnen?
Echte Zustimmung vs. unechte Zustimmung: Der feine Unterschied
Zustimmung ist nicht gleich Zustimmung.
Manchmal sagen Menschen „Ja“ – aus Höflichkeit, aus Harmoniebedürfnis, aus dem Wunsch, Konflikte zu vermeiden. Chris Voss, Experte für Verhandlungskommunikation, formuliert es in seinem Buch „Kompromisslos verhandeln“ so:
„Es gibt drei ‚Ja‘-Arten: ein falsches ‚Ja‘, ein bestätigendes ‚Ja“ und ein verpflichtendes ‘Ja“.‘
Das falsche ‚Ja‘ ist eine Zusage, die wir machen, obwohl wir eigentlich ‚Nein‘ sagen wollen. Das ‚bestätigende Ja‘ ist eher eine reflexhafte Antwort auf eine einfache Ja-Nein-Frage. Das ‚verpflichtende Ja‘ ist das, welches wir uns von unserem Gegenüber wünschen: Die bewusste und echte Zustimmung zu unserem Anliegen.
Ein „Ja“ kann also trügen. Es kann heißen: „Lass mich in Ruhe.“ Oder: „Ich will dir gefallen.“ Oder, im besten Fall: „Ich bin wirklich dabei.“
Unechte Zustimmung schafft keine Veränderung. Sie bewahrt nur die Fassade.
Echte Zustimmung hingegen entsteht aus innerer Überzeugung. Sie geht mit Energie einher – mit einem Aufleuchten in den Augen, einer aufgerichteten Haltung, einem Moment spürbarer Verbindung.
Und genau hier beginnt verbindende Kommunikation und resonante Führung.
Warum wir echte Zustimmung oft verpassen – und wie du sie erkennen kannst
Viele Menschen, die andere für ihr Anliegen überzeugen wollen, sind darauf trainiert, Argumente zu liefern: klare Ziele, gute Gründe, schlüssige Anweisungen.
Doch Überzeugung funktioniert nicht wie eine Einbahnstraße.
Wirkliche Zustimmung entsteht nicht durch Überreden – sondern durch die innere Entscheidung des Gegenübers. Was gerade Führungskräfte wirklich brauchen, ist dieses echte, innerlich getragene „Ja“ – ein Commitment, das aus dieser Überzeugung entsteht.
Woran aber erkennen wir echte Zustimmung?
Oft spricht unser Gegenüber ein: „Das stimmt!“ aus und meint damit (mit den Vokabeln der Resonanz): ‚Das klingt stimmig für mich. Mit dieser Idee bin ich auf einer Wellenlänge.“
Echte Zustimmung zeigt sich nicht nur in Worten. Sie zeigt sich in der Haltung:
- Der Blick ist offen, interessiert und wach.
- Die Körperhaltung richtet sich auf.
Die Stimmung ändert sich, wirkt energiegeladen und handlungsbereit. Es entsteht ein Moment von Resonanz.
Eine kleine, aber kraftvolle Welle von Energie, die du spüren kannst.
Dieser Moment ist kein Zufall. Er ist das Ergebnis von echter Beziehung, nicht von rhetorischem Geschick.
Warum unechte Zustimmung so häufig ist – und was du tun kannst
Wir leben in einer Kultur, die Harmonie hoch bewertet. Viele Menschen sagen „Ja“, obwohl sie innerlich „Nein“ denken – um Konflikte zu vermeiden oder Erwartungen zu erfüllen.
Das Problem:
Ohne echte Zustimmung bleiben Veränderung und Entwicklung auf der Strecke.
Im Business. Und im Privaten.
Chris Voss rät deshalb, ein „Nein“ nicht zu fürchten, sondern aktiv einzuladen:
„’Nein‘ ist der erste Moment echter Entscheidungsfreiheit.“
Wenn Menschen sich sicher fühlen, auch widersprechen zu dürfen, entsteht Raum für echte Zustimmung.
So schaffst du mehr echte Zustimmung
Hier drei zentrale Hebel:
1. Schaffe Sicherheit, auch Nein sagen zu dürfen.
Wenn Menschen sich frei fühlen, „Nein“ zu sagen, wird ihr „Ja“ wertvoller.
2. Ergründe die echte Haltung
Frage nicht nur: „Alles klar?“ – frage:
- „Was denkst du über diese Idee?“
- „Gibt es etwas, das du anders siehst?“
- „Was müsste sich ändern, damit du wirklich dahinterstehst?“
3. Achte auf die Resonanzsignale
Blicke hinter die Worte. Achte auf Körpersprache, Mimik, Energie. Ein echtes „Ja“ fühlt sich anders an – lebendiger, tragfähiger.
Reflexionsfragen für dich als Führungskraft:
- „Wo höre ich nur Worte – und wo spüre ich echte Resonanz?“
- „Wie gehe ich damit um, wenn jemand höflich zustimmt, aber innerlich nicht überzeugt ist?“
- „Wie kann ich Räume schaffen, in denen echte Antworten willkommen sind?“
Fazit: Resonanz ist kein „Nice to have“ – sie entscheidet über echten Wandel
In einer Zeit, in der Veränderungen immer schneller werden, brauchen Führungskräfte mehr als Zustimmung – sie brauchen echte Verbindung.
Resonanz ist der Nährboden dafür.
Wenn du aufhörst, ein „Ja“ sofort als Erfolg zu werten – und beginnst, echte Zustimmung zu gestalten –, ändert sich etwas Grundlegendes:
Aus reiner Informationsweitergabe wird Beziehung.
Aus Pflichterfüllung wird Engagement.
Aus bloßem Hinhören wird Mitdenken.
Mein Impuls für dich:
Wo in deinem Führungsalltag erlebst du echte Zustimmung – und wo spürst du, dass etwas nur an der Oberfläche bleibt?
Teile gerne deine Erfahrungen oder Gedanken in den Kommentaren – ich freue mich auf den Austausch mit dir.