Ein Satz. Eine Pause. Und dann – nichts.
„Ich bin heute irgendwie durch den Wind“, sage ich. Ein kurzer Moment Stille. Dann kommt die Antwort: „Ich auch – ich hatte so viele Termine, dass ich kaum zum Atmen kam.“ Ich nicke. Und schweige. Denn obwohl das Gespräch weiterläuft, bin ich innerlich längst ausgestiegen. Nicht, weil ich beleidigt bin. Sondern weil ich mich nicht gemeint fühle. Nicht gehört. Nicht gesehen. Nicht in Verbindung.
Ich bin ganz ehrlich: Manchmal bin ich diejenige, die jetzt ein: „Was hat dich denn so durcheinandergebracht?“ bräuchte. Ganz oft aber bin ich auch diejenige, die den Kopf einfach zu voll hat und nichts mehr aufnehmen kann – und deshalb gar nicht richtig zuhört.
Dieser Artikel zeigt dir, wie du bewusst Resonanzräume in Gesprächen schaffst – Räume, in denen beide Seiten gehört werden und gemeinsam etwas Neues entstehen kann.
Solche Situationen erleben wir alle häufig: im Privatleben, aber auch mitten im Arbeitsalltag – im Team-Meeting, im Feedback-Gespräch oder im Tür- und-Angel-Gespräch mit der Kollegin zwischen Kaffeeautomat und Kopierer. Wir reden, schreiben Mails, diskutieren Ideen, halten Vorträge – nach allen Regeln der Kommunikation. Und doch kommt oft wenig an.
Warum? Weil wir auf der Sachebene senden, aber auf der Beziehungsebene keine Verbindung passiert. Weil wir so sehr mit unserer eigenen Botschaft beschäftigt sind, dass wir vergessen, den oder die anderen wirklich wahrzunehmen. Manche Gespräche sind zwar effizient – bleiben aber irgendwie leer. Weil sie zwar Informationen transportieren, aber nicht wirklich das Gefühl vermitteln: „Ich meine genau dich. Das Gespräch mit dir ist gerade das Wichtigste, was ansteht.“
Resonanz ist mehr als Reaktion
Resonanz zeigt sich nicht im schnellen „Verstanden, machen wir so“, nicht im höflichen Nicken oder im automatisierten „Okay“. Sondern in Momenten, in denen etwas in Schwingung gerät. Ein Aufleuchten in den Augen, ein Lächeln ein Stirnrunzeln. Es ist, als ob die Zeit für einen Moment innehält. Ein bewusstes Wahrnehmen: „Das hat mich gerade berührt.“
Resonanz braucht keine perfekten Worte – aber sie braucht Präsenz. Und die entsteht dort, wo wir bereit sind, gemeinsam einen Raum zu schaffen, in dem beide Seiten wirklich vorkommen. Wo ein Impuls gesendet wird und der andere diesem Impuls Raum gibt, anstatt ihn für die eigene Agenda zu nutzen. So entsteht der Mehrwert von Resonanz: 1+1=3.
Drei Stolperfallen, die Resonanzräume schließen
1. Wir nutzen Beiträge anderer als Sprungbrett für unsere Agenda
Was als Impuls gedacht war, wird zur Einleitung für das eigene Thema. Der andere wird zum Stichwortgeber, nicht zum Gegenüber. Du teilst etwas Persönliches – und dein Gegenüber sagt: „Das kenne ich… bei mir war das so…“
Gut gemeint. Und doch ist der Raum für dich plötzlich verschwunden.
Beispiel: Ein Teammitglied sagt eher nebenbei: „Ich fühle mich mit dem neuen System überfordert.“ – Die Führungskraft: „Ja, neue Systeme sind immer herausfordernd. Übrigens, ich wollte sowieso mit dir über die neuen Prozesse sprechen…“
2. Wir hören, um zu antworten – nicht, um zu verstehen
Gerade in Führungsgesprächen geschieht das oft unbewusst. Ein Gedanke wird aufgegriffen, interpretiert, eingeordnet – noch bevor er überhaupt wirken konnte. Was dabei verloren geht? Die Gelegenheit, den anderen wirklich zu sehen.
Beispiel: Die Mitarbeiterin geht nach der Dienstbesprechung noch einmal zu ihrer Vorgesetzten: „Das Meeting heute war schwierig für mich…“ – Diese antwortet: „Ach, das war doch konstruktiv! Die Entscheidung war richtig und wird uns weiterbringen.“
3. Wir übergehen Zwischentöne
Nicht alles wird laut gesagt. Aber manches wird fühlbar, wenn wir still genug sind, um es zu spüren. Manches wird hörbar, wenn wir auf die Zwischentöne achten. Manches wird sichtbar, wenn wir genau hinschauen. Körpersprache. Tonlage. Pausen. Ein Zögern mitten im Satz.
Beispiel: Deine Schwägerin sagt beim Familientreffen: „Mir geht’s gut“ mit einem müden Lächeln, aber ihre Stimme klingt flach und sie senkt den Blick. Wir hören das „gut“ und übersehen die Erschöpfung dahinter, wenn wir nicht ganz genau hinsehen.
Resonanz entsteht nicht im schnellen Verstehen – sondern im aufmerksamen Dabeisein.
Wie Resonanz gelingen kann – im Team, in der Familie
Resonanz lässt sich nicht „machen“. Aber wir können Räume schaffen, in denen sie entstehen darf. Hier drei Impulse, wie das gelingen kann:
🎯 Bleib beim Gegenüber
Wenn dir jemand etwas anvertraut, halte inne. Frag nach – nicht mit der Absicht, sofort zu reagieren, sondern mit echtem Interesse am Erleben der oder des anderen.
> „Magst du mir mehr davon erzählen?“ > „Was hat dich daran besonders beschäftigt?“
🎯 Mach Pausen
Ein Satz darf stehen bleiben. Wir müssen ihn nicht sofort kommentieren oder deuten.
> „Danke, dass du das gesagt hast.“ > Stille. > Dann vielleicht: „Wie ging’s dir damit?“
🎯 Erkenne, wann Resonanz geschieht
Achte auf das, was nicht in Worten steckt. Das Leuchten in den Augen. Den Körper, der sich aufrichtet. Den Moment, in dem jemand wirklich anwesend ist.
Fazit:
Resonanz beginnt mit Haltung. Wir müssen nicht immer die richtigen Worte finden. Aber wir können bewusst Räume schaffen, in denen wir uns selbst gehört und auch das Gegenüber sich wirklich gesehen fühlen. Nicht als Reiz, nicht als Projektionsfläche, sondern als Mensch. Was es braucht, ist volle Aufmerksamkeit (Hinsehen und Hinhören), ein ungestörtes Zeitfenster (und wenn es nur 2 Minuten sind) und die innere Bereitschaft, neugierig zu sein auf das, was im Gespräch entstehen kann.
In echten Resonanzräumen entsteht durch das Zusammenspiel beider Seiten etwas Neues – eine Art von Kommunikation, die nicht nur informiert, sondern wirklich verbindet.
Mein Impuls für dich:
Achte im nächsten Gespräch einmal darauf, wie es dir gelingt, einen Raum zu öffnen, in dem dein Gegenüber sich ganz gesehen und gehört fühlt. Und wenn es ein eher schwieriges Gespräch ist, dann erinnere dich daran: Verstehen bedeutet nicht, einverstanden sein zu müssen.